Die Produktion von Hunden und ihre schrecklichen Auswüchse

Vor drei Tagen musste Tammy, eine knapp einjährige Fehlfarben-Hündin einer beliebten Rasse eingeschläfert werden…

Warum schreibe ich  das? Weil es mich umtreibt, dass manche Menschen, die Hunde züchten, den Aspekt der Gesundheit der Tiere leider manchmal völlig außeracht lassen. Ich möchte heute die verschiedenen Auswirkungen einer unverantwortlichen Hundezucht beschreiben. Wenn ich auch nur einen Menschen davon abhalten kann, ein Tier zu kaufen, das aufgrund seiner Zucht lebenslang Schmerzen ertragen muss, habe ich mein Ziel erreicht.

Ich habe Tammy im Alter von 4 Monaten kennen gelernt. Ihre Besitzer, eine Familie mit erwachsenen Kindern,  wollte mit mir zusammen einen braven Familienhund erziehen. Als ich den Welpen das erste Mal sah, hatte ich kein gutes Gefühl. Sie war extrem ruhig, wirkte stellenweise regelrecht erschöpft, hatte struppiges Fell, trübe Augen und war sehr dünn. Tammy machte am Tag (und in der Nacht) 8-10 Haufen. 

Sie hatte graues Fell, will heißen, sie gehörte zu den sogenannten Fehlfarben. Hierbei handelt es sich um einen Gendefekt.  Hunde, die betroffen sind, dürfen laut VDH keine Papiere bekommen und sind ausdrücklich nicht zur Zucht zugelassen Leider sitzt auf diesem Defekt nicht nur eine andere Fellfarbe, sondern es kann bedeuten, dass sich hier noch andere „Defekte“, also Krankheiten, verstecken.

Ich bat die Besitzer Tammy in der Tierklinik vorzustellen und es stellte sich heraus, dass sie unter IBD litt. ( Inflammatory bowel disease – chronische Darmentzündung )

 

Es wurden verschiedene Medikamente verordnet, die alle nicht halfen. Das Diätfutter, führte zu einer Minderung der Kotmenge, aber die Inhaltsstoffe des speziellen Futters waren so stark behandelt (dekonstruiert), dass die Hündin permanent Hunger hatte, bereits Stunden vor der Futterzeit stark speichelte und vor Hunger heulte wie ein Wolf. Die Erhöhung der Futtermenge brachte nichts, außer wiederum die Menge der Ausscheidungen zu erhöhen. Auf Spaziergängen verschlang sie alles, was ihr in den Weg kam, vor allem die Hinterlassenschaften ihrer Artgenossen…Sie nahm innerhalb von 4 Monaten 500g zu und nachdem die Krankheit weiter fortschritt, 700g  wieder ab. 

Mit Beginn des 8. Lebensmonats bekam Tammy zusätzlich CAD ( Canine Atopische Dermatitis). Es kam zu einem starken Haarverlust im Schädelbereich, an den Pfoten und im Bauchbereich.Neueste wissenschaftliche Untersuchungen stellen einen Zusammenhang zwischen dem Ausbruchvon CAD und der Fehlfarbigkeit eindeutig fest.

Für die Besitzer waren diese Monate ebenfalls eine Tortur. Mit jedem neuen Medikament und neuem Futter entstand neue Hoffnung, die nach kurzer Zeit wieder zunichte gemacht wurde. Die Familie wurde Zeuge des schnellen und schmerzhaften Verfalls von Tammys Körper. Irgendwann gab es kein Fünkchen Hoffnung auf eine Besserung des gesundheitlichen Zustands mehr und sie wurde erlöst.

Diese Leidensgeschichte brachte mich dazu, mich mit dem Thema „ Qualzucht“ zu beschäftigen:

Viele Menschen, die sich einen Hund anschaffen, gehen nur von der Optik und womöglich der „Exklusivität“ der Rasse aus, die sie toll finden. Die Folgen der Kaufentscheidung aus diesen Gründen werden nicht reflektiert. Leider landen diese Tiere später oft im Tierheim, da die Hundehalter nicht bedenken, dass Hunde aus einer fragwürdigen Zucht sehr oft krank werden und daher sehr viel Geld und Nerven kosten… 

Tiere, die permanent unter Schmerzen leiden müssen, sind ebenfalls oft verhaltensauffällig. Und wer von den Spontankäufern, die doch nur einen Hund sooooo süß fanden,ist gewillt, Hilfe bei einem Trainer zu suchen, und mit dem Tier zu arbeiten… Wortbeitrag aus meiner Nachbarschaft: „ Wir haben uns mal einen Hund geholt, aus dem Tierschutz. 

Den kann man ja wieder abgeben…“ Und warum zwei berufstätige Erwachsene unbedingt einen Hund haben müssen, der dann jeden Tag ca. 9 Stunden allein zuhause sitzt, wird sich mir auch nie erschließen!

Es gibt einige Merkmale, die erkennen lassen, dass ein Hund unter einer oder sogar mehreren Symptomen leidet, die auf die sog. Qualzucht schließen lassen. Im Folgenden nur ein paar Beispiele:

Das“ Blue-dog-syndrom“: Blau-graue Felleinfärbung (Merle) auch blaue oder zweifarbige Augen.

In vielen Ländern gibt es mehrfarbige Hütehunde. Diese kamen früher zufällig zustande, und wurden nicht explizit gezüchtet.  Für die gezielte Zucht aber muss ein Merle-Gen tragender Hund mit einem verpaart werden, der das Merle-Gen nicht trägt. Dies lässt sich nur durch eine teure Genanalyse feststellen. 

Werden nun zwei Hunde verpaart, die beide das Merle-Gen tragen, kommt es zu schwer geschädigten Welpen, die durch fehlende Pigmentzellen unter starken Missbildungen der Ohren und Augen leiden.
Rassen: Collie, Border-Collie, Irish Setter

Chronodysplasie: Zwergwuchs mit Verlust der langen Röhrenknochen, bedeutet häufige Bandscheibenvorfälle, also ständige Schmerzen, Lähmungen oder Störungen der Darmfunktion. Rassen: Bassett Hound, französische Bulldogge, Pekinese, Scotch Terrier, Dackel

Nackthunde: hier handelt es sich um einen Gendefekt, der empfindliche und verletzungsgefährdete Haut mit sich bringt, extrem starken Sonnenbrand und Allergien bedeuten kann.
Rassen: Mexikanischer Nackthund, Peruanischer Nackthund

 Brachyzephalie/ Brachygnathie: breiter, runder Schädel (bis Rundkopf – entspricht dem „Kindchenschema“), Plattnasen und starke Verkürzung von Kiefer- und Nasenknochen.
Die Folgen können sein: Schwergeburten, Hirntumore

Diese Hunde sind unschwer daran zu erkennen, dass sie aufgrund ihrer Atemnot ständig röcheln und nach Atem ringen. Es kommt auch vor, dass solchen Hunden ein Augapfel aus der extrem flach modellierten Augenhöhle fällt. Zum Beispiel beim lebhaften Spielen.  Ich selbst habe beim Tierarzt einen Pekinesen gesehen, der sich so sein Auge am Couchtisch verletzt hatte.
Rassen: Französische Bulldogge, Englische Bulldogge, Chihuahua, Mops, Prince Charles Spaniel, Shitzu, Toy-Spaniel, Pekinese

Shar Pei: dieser sog. Faltenhund hat aufgrund seiner großen, lockeren Hautoberfläche häufig mit gereizter, geröteter und schuppiger Haut zu tun. Hinzu kommen Augenprobleme durch die Hängelider.

Hüftdysplasie (HD):

Hier geht es um die Fehlentwicklung des Hüftgelenks, was zu Arthrose und starken Schmerzen führt. Rassen: Schäferhund, Rottweiler, Boxer, Golden Retriever.

 „Teacup-Hunde“: Damit sind die neuerdings beliebten extrem kleinen Hunde gemeint. Hierzu werden die kleinsten und schwächsten Exemplare eines Wurfs verpaart. Sie neigen zu Herzinfarkt und leiden oft unter Knochenbrüchen. Kein Hund hat es verdient quasi in der Handtasche zu leben! Schande über alle Hiltons, Kardashians, oder wer sonst noch diesen Quatsch gehypt hat!


Das andere Extrem, das ich in letzter Zeit beobachte ist der Trend zum „Kolossal-Hund“.
z. B.: Neufundländer haben manchmal die Ausmaße eines Shetland-Ponys und sind dementsprechend eingeschränkt in ihrer Beweglichkeit. Mir begegnete diesen Sommer eine zweijährige Neufundländerhündin, die gigantische Ausmaße hatte. Sie bewegte sich wie ein vollbeladenes Schiff; sehr langsam und behäbig. An ihrer Umwelt, sprich anderen Hunden war sie nicht interessiert, denn sie war vollauf damit beschäftigt mit der Hitze und ihrem Gewicht klar zu kommen…Dasselbe gilt für Landseer und Leonberger. Und dass Doggen und Irische Wolfshunde aufgrund ihrer extremen Größe selten älter als 6 Jahre werden, sollte inzwischen bekannt sein.

In USA hat jemand vorgeblich den Ur-Molosser zurückgezüchtet. Ein 6 Monate alter Junghund wiegt ca. 70 Kilo, diese Hunde leiden von Anfang an unter Atembeschwerden sowie Herz-Kreislaufproblemen und die immens hohen Tierarztkosten muss ich gar nicht erwähnen.

Die Warteliste der Kaufinteressenten ist ewig lang und die Welpen kosten etwa 6000,- Dollar. Gestern sah ich zufällig meine Nachbarin mit ihrer etwa drei Jahre alten deutschen Dogge gehen. Der Rüde schlurfte wie ein alter Hund missmutig und nur sehr langsam seinem permanent ziehenden Frauchen hinterher.

Diese Beispiele sind nur ein Ausschnitt aus einer langen Reihe von Leid erzeugender Zucht. Ich möchte betonen, dass es auf jeden Fall sehr gute und verantwortungsbewusste Züchter gibt. Es geht mir nicht darum einen „Berufstand“ zu verunglimpfen. Ich wage zu behaupten, dass Züchter, die erkannt haben, zu welchem ausufernden Kaufverhalten die Corona-Pandemie führt, die Anzahl ihrer Würfe verringert haben und nicht verdoppelt, wie manch andere.

 Mein Appell geht an alle, die sich einen Hund anschaffen wollen. Vorher darüber nachzudenken, was man leisten kann und will. Charakter und Energielevel des Hundes muss unbedingt zum Halter passen.

Bitte nur von VDH anerkannten Züchtern kaufen oder am allerbesten einen Hund aus dem Tierheim retten. Zurzeit warten dort besonders viele Hunde auf ein neues Zuhause, die in der Coronazeit aus Langeweile und Egoismus angeschafft wurden. Momentan sind viele Tierheime so überfüllt, dass sie keine neuen Insassen mehr aufnehmen…

 

Vor einiger Zeit machte sich eine Gruppe von Kynologen (Lehre von Verhalten, Erziehung, Gesundheit, etc. von Hunden) auf den Weg nach Südindien. Hier leben fernab der großen Städte in kleinen Dörfern Hunde und Menschen in einer harmonischen Gemeinschaft zusammen. Es handelt sich um eine Gruppe von Mischlingshunden, die niemandem gehören und auch keinen Namen haben und von den Menschen kaum gefüttert werden. Trotzdem leben die Hunde im Dorf, sie kämpfen nicht miteinander und sind auch den Menschen gegenüber freundlich und anhänglich. Niemand „ erzieht“ diese Hunde.

 

Allerdings haben all diese Hunde eine Aufgabe gemäß ihrer Eignung: die friedfertigen, verspielten Hunde hüten die Kinder, die wachsamen hüten die Ziegen,  alle gemeinsam passen auf und geben Laut, wenn sich ein Fremder dem Dorf nähert und alle Hunde sorgen für Sauberkeit im Dorf, da sie sämtliche Hinterlassenschaften der Menschen auffressen.

Hier wird auch eine Art Zucht betrieben; z. B. wird ein Hund, der Kinder beißt oder sehr aggressiv gegenüber seinen Artgenossen ist, getötet. Hunde, die Ziegen oder anderes Nutzvieh reißen, werden ebenfalls ausgemerzt. Das klingt in unseren Ohren grausam, es führt aber dazu, dass Mensch und Tier zufrieden und stressfrei miteinander leben, und es allen gut geht. Die Selektion beschränkt sich ausschließlich auf Fehlverhalten, das der Gemeinschaft von Mensch und Tier schadet. Die Optik spielt überhaupt keine Rolle! Ich muss noch erwähnen, dass die Hunde überdurchschnittlich gesund sind, obwohl sich weit und breit kein Tierarzt um sie kümmert.

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